Matchbericht: HSG Siggenthal/Baden-Endingen vs. Eis

David ärgert Goliath

Handball, 1. Liga: Siggenthal/Baden-Endingen – Wohlen 27:23 (11:10)

Die Wohler Rumpftruppe zeigte eine eindrückliche Leistung und bringt den Leader stark ins Wanken. Am Ende verlieren die Wohler zwar das Spiel, gewinnen aber viel Selbstvertrauen.

Da reiben sich die Zuschauer verwundert die Augen. Wohlen führt nach 52 Minuten auswärts beim Tabellenführer. Der krasse Aussenseiter liegt mit 21:20 gegen den klaren Favoriten vorne. David ärgert Goliath. Um diese Legende aus der Bibel auf diese Partie anzupassen, kann man ein spezifisches Beispiel nennen. David heisst in diesem Fall Joel Borioli. Der 1,65 m grosse Wohler Kreisläufer packt in der Abwehr wie ein Handballkrieger zu. Mit seiner Aggressivität und Cleverness bringt er Goliath ins Wanken. Goliath ist in diesem Fall Nando Moser. Der Rückraumspieler von Siggenthal / Baden-Endingen misst 2,05 m, ist also rund drei Köpfe grösser als Borioli.

Rudi der einzige Goalie – und er brilliert

Die beiden Teams könnten unterschiedlicher kaum sein. Siggenthal/ Baden-Endingen ist gespickt mit NLB- und NLA-erfahrenen Spielern und vielen jungen und spielstarken Talenten. Von elf Spielen haben sie zehn gewonnen, führen die Tabelle an. Ganz anders die Wohler. Erst zwei Mal (Mutschellen und Kriens) konnten sie bislang gewinnen. Die junge Truppe hat viel Potenzial, aber mit argem Verletzungspech zu kämpfen. Bei den Freiämtern fehlen zudem mehrere Spieler wegen einer Grippe. So treten die Wohler nur mit einem Goalie (Sascha Rudi) zu dieser schwierigen Auswärtspartie an.

Siggenthal/Baden-Endingen kommt mit voller Kapelle. Die Bank ist voll besetzt, von Anfang an wirkt das Team topmotiviert, klatscht, jubelt, peitscht an. Gegen den Tabellenvorletzten aus Wohlen will man brillieren. Doch das gelingt nicht. Die Wohler – die lediglich zwei Auswechselspieler dabei haben – bieten sackstarke Gegenwehr. Nach einer Viertelstunde führt Wohlen mit 4:7. Mit viel Ruhe, Cleverness und einer starken Abwehr haben sich die Wohler diese Führung verdient. Und auch Wohlens Goalie Sascha Rudi ist zu Beginn eine Bank. Mit seinen Paraden lässt er die gegnerischen Spieler verzweifeln und vereitelt hochkarätige Chancen mirakulös.

Im Angriff spielen die Wohler – angeführt von Spielmacher Flavio Galliker – enorm geduldig und clever. Galliker erzielt neun Tore, setzt seine Mitspieler stark in Szene. Und er räumt auch hinten im Mittelblock auf. Gemeinsam mit Kreisläufer Tobias Estermann sorgt er für viel Stabilität. Bis zum Seitenwechsel bleiben die Wohler so am (scheinbar) übermächtigen Gegner dran. Pausenstand: 11:10.

Auch nach der Pause bleibt der Kampfgeist der Wohler gross. Zwar setzten sich die Favoriten nach dem Seitenwechsel kurzzeitig mit bis zu drei Treffern ab (13:10), davonziehen kann der Gastgeber aber nie. Im Gegenteil. Wohlen ist mental bereit, kämpft sich zurück. Der Leader ist verunsichert.

Luft raus, Sack zu

Nach 52 Minuten führt Wohlen mit 20:21. Doch in dieser Phase macht sich das schmale Kader immer mehr bemerkbar. Goliath wankt, doch er fällt nicht. In der «Crunch-Time» steht Goliath auf. Nando Moser, 2,05 m gross, erzielt drei entscheidende Tore. Zwar bleibt David dran und hält die Partie ausgeglichen (23:23 nach 56 Minuten). Doch jetzt ist die Luft draussen. Der Hausherr macht den Sack zu und gewinnt 27:23.

Wohlen-Trainer Ingmar Steiger sagt: «Spielerisch waren wir trotz vielen verletzten Spielern die bessere Mannschaft. Aber individuell waren wir nicht auf Augenhöhe. Wir haben gut gekämpft, aber leider im Abschluss vor allem von halblinks viel zu schwach.» Diese Aussage lässt sich mit der Statistik von Joshua Schmid bestätigen. Der junge Wohler muss auf der linken Rückraumposition durchspielen, er versucht viel, doch am Ende landen nur vier seiner 16 Abschlussversuche im Tor.

Jetzt das Kellerduell

Gegen Ende des Spiels werden auch die Schiedsrichter zum Thema. Die beiden jungen Unparteiischen machen ihren Job sehr gut, doch übersehen in der entscheidenden Phase einige Schrittfehler des Heimteams. Ebenfalls erwähnenswert: Siggenthal/Baden-Endingen erhält fünf Penaltys und nur eine Zeitstrafe, die Wohler müssen fünf Strafen einstecken und erhalten keinen einzigen Penalty.

Auch wenn die Wohler die neunte Pleite im elften Spiel kassieren, so haben sie beim Leader viel Selbstvertrauen getankt. Und dies können sie am nächsten Samstag gut gebrauchen. In der Aue in Baden (18 Uhr) geht es dann im Kellerduell gegen Schlusslicht Ehrendingen. --fre