Matchbericht: Eis vs. HSG Siggenthal/Baden-Endingen

Zwei Zauberer und ein Teamgeist

Handball, 1. Liga: Wohlen bezwingt Leader Siggenthal/Baden-Endingen mit 29:28 (16:13) und sichert sich wohl die Barrage

13 Tore von Jungspund Björn Staubli, Paraden von Goalie Sascha Rudi und ein Team mit riesigem Kampfgeist. Wohlen schafft eine kleine Sensation und bezwingt den Leader. Als Lohn darf man weiterhin auf den Ligaerhalt hoffen.

Letzte Minute. Wohlen führt mit einem Tor. Die ganze Halle steht, klatscht, feuert den Aussenseiter Wohlen an. «So was habe ich selten erlebt. Eine elektrisierende Stimmung», beschreibt Wohlens Rückraumspieler Julius Behrendt diese Momente. Der letzte Angriff von Siggenthal/Baden-Endingen versandet. Die Wohler Handballer dürfen jubeln, sie fügen dem Leader Siggenthal/Baden-Endingen die zweite Saisonniederlage zu. 29:28. Es ist eine kleine Handball-Sensation.

Die Wohler haben in dieser Partie zwei Hauptdarsteller, die zaubern. Im Tor brilliert Altmeister Sascha Rudi. Der Routinier ist phasenweise eine Wand, hält 35 Prozent der gegnerischen Abschlüsse. Nach dem Spiel ist er überglücklich. «Es war einfach der Hammer, wie wir uns als Team zusammen mit dem Publikum gegen diese Übermacht gestemmt haben», sagt der 33-jährige Rudi. Und er macht eine Anspielung auf das Hinspiel, das die Wohler nach starkem Kampf nur knapp verloren haben. «Die Revanche ist uns gelungen.»

13 Tore aus 15 Versuchen

Im Angriff überzeugen gleich einige Akteure. Weil die Wohler Personalprobleme haben, muss Flügelspieler Samuel Scheiwiller im rechten Rückraum ran und macht seine Sache stark. Ebenso der agile Simon Eser im linken Rückraum, der fast schon tänzerisch die gegnerische Abwehr durchwirbelt. Genauso Kreisläufer Tobias Estermann, der ein steter Unruheherd ist. Sie alle erzielen jeweils vier Tore.

Überragend in der Offensive ist Björn Staubli. Der 17-Jährige aus Waltenschwil spielt nur sporadisch für die Wohler, er hat eine Doppellizenz mit der U19-Elite von HSC Suhr/Aarau. Im letzten November im Derby gegen Mutschellen liess er mit zehn Toren aufhorchen. Schon damals war er eine wichtige Figur bei diesem Derbysieg. Und nun unterstreicht er seine eigenen Ambitionen und sein Talent erneut – und das von Anfang an. Mit herrlichen Schlenzwürfen, mit kraftvollen Durchbrüchen, mit überlegten Zuspielen. Staubli ist Dreh- und Angelpunkt in der Offensive. 13 Tore (aus 15 Versuchen) erzielt der angehende Geomatiker. Das ist sackstark. «Ich bin mit meiner Leistung zufrieden. Aber noch mehr mit unserem Kampfgeist als Team. Dann hat auch das Publikum mitgezogen und in der Halle war tolle Stimmung», sagt der überlegte und ruhige Staubli.

Er und Rudi sind die beiden Helden in diesem kleinen Handballmärchen. Und beide erwähnen den Kampfgeist des ganzen Teams. Denn um den Leader zu schlagen, benötigt es alle, die ganze Mannschaft. Jeder im Team musste an sein Limit gehen. So war der Tabellenführer von Anfang an im Hintertreffen. Teilweise lagen die Wohler mit fünf Toren vorne.

«Auf alle Tricks hereingefallen»

Siggenthal/Baden-Endingen war schon für die Aufstiegsbarrage in die NLB qualifiziert. Doch sie nehmen diese Partie keinesfalls auf die leichte Schulter. Sie versuchen alles, um das Ruder herumzureissen. Es ist phasenweise eine verkehrte Welt in der Hofmattenhalle. Der Vorletzte Wohlen agiert, der Tabellenführer reagiert. Der gegnerische Torhüter verzeichnet erst nach 23 Minuten seine erste Parade. Der Siggenthaler Topskorer Rafael Spuler lässt sich im Spielbericht des Gegners wie folgt zitieren: «Wir haben dumme Fehler gemacht, sind auf alle möglichen Tricks hereingefallen und vorne zu viel verworfen.» Patrick Mathys, der Erfolgstrainer von Siggenthal/Baden-Endingen (dem man überraschenderweise in der letzten Woche verkündet, dass er nächste Saison nicht Trainer sein darf), versucht anzupassen. Teilweise mit Erfolg. Siggenthal holt im zweiten Durchgang auf. Der rechte Flügelspieler Yves Mischler erzielt sechs Tore innert sechs Minuten – und beschert dem Leader gar die erstmalige (und einzige) Führung in diesem Spiel (das von zwei starken Schiedsrichtern geleitet wurde). Doch Wohlen hat auch darauf eine Antwort, fightet stark und behält in der torarmen Schlussphase die Nerven – auch mit etwas Glück und der Unterstützung des Publikums, das lautstark das Team anfeuert und für eine selten gewordene Stimmung sorgt in den Hofmatten.

Mutschellen kann kaum mehr aufholen

Es ist ein Sieg, der einfach nur guttut. «Die Mannschaft hat den Matchplan gut umgesetzt. Der Sieg war absolut verdient. Hätten wir noch eine bessere Chancenauswertung gehabt, wäre das Resultat wohl noch deutlicher ausgefallen. Das sind zwei wichtige Punkte, nun gilt es diese gute Einstellung zu behalten», sagt Wohlen-Trainer Ingmar Steiger. Dieser Erfolg bringt den Bünztalern zwei immens wichtige Punkte. Denn nun kann Schlusslicht Mutschellen nur noch theoretisch die Wohler einholen. Das Zittern hat vorerst ein Ende. Mutschellen hat noch ein Spiel zu bestreiten, Wohlen noch zwei. Die Mutscheller müssten zwei Punkte und 37 Tore aufholen. Das ist nahezu unmöglich. So muss Mutschellen absteigen, Wohlen darf für die Abstiegsbarrage planen.

Und da hat man berechtigte Hoffnungen, dass es trotz schwieriger Saison mit Personalproblemen für den Klassenerhalt reicht. Die Wohler Handballer, letzte Saison am grünen Tisch aufgestiegen, scheinen in dieser wichtigen Phase der Saison bereit zu sein. Und sie können anscheinend auch einige Asse aus dem Hut zaubern. Wie das junge Talent Björn Staubli, der riesigen Spass hatte an diesem Erfolg und an seiner eigenen Leistung. Er sagt: «Ich werde sicher auch in den Barragespielen dabei sein und alles geben, dass wir den Ligaerhalt schaffen.» --fre